„Wir sagen: Wir finden eine Lösung.“

13. Nov. 2025

Das Welcome Center Hannover berät bei der Integration internationaler Fachkräfte und Auszubildender. Für dessen Leiter Tornike Murtskhvaladze und für die Beraterin Tatia Chkhenkeli geht es dabei nicht nur um das rein Betriebliche. Sie wollen den Menschen auch Ängste nehmen und ihre lokale Vernetzung fördern. Können Sie die Menschen auf die kulturellen Unterschiede vorbereiten, auf die […]

Das Welcome Center Hannover berät bei der Integration internationaler Fachkräfte und Auszubildender. Für dessen Leiter Tornike Murtskhvaladze und für die Beraterin Tatia Chkhenkeli geht es dabei nicht nur um das rein Betriebliche. Sie wollen den Menschen auch Ängste nehmen und ihre lokale Vernetzung fördern.

Können Sie die Menschen auf die kulturellen Unterschiede vorbereiten, auf die sie treffen, wenn sie nach Deutschland kommen?

Tornike Murtskhvaladze: Im Rahmen des THAMM-Programmes bekommen die Fachkräfte verpflichtend ein interkulturelles Training. Und wir bieten grundsätzlich immer wieder Trainings für die Unternehmen wie auch für die Fachkräfte an.

Tatia Chkhenkeli: Die Fachkräfte werden schon im Heimatland darauf vorbereitet, aber richtig verstehen werden sie die Unterschiede erst hier. Man kann versuchen, die interkulturelle Brille aufzusetzen, aber interkulturelle Kompetenz kann man nicht nur in der Theorie lernen.

Wie gelingt denn die Integration in Deutschland, im Betrieb und außerhalb?

Tornike Murtskhvaladze: Letztendlich hängt es viel von dem Engagement der Person selbst aber auch des Arbeitgebers ab, wie die Integration gelingt. Wir können für beide Seite Unterstützungsangebote schaffen. Ein zentraler Faktor für die Integration ist die Sprache. Viele internationale Fachkräfte benötigen zusätzliche Sprachförderung. Wir informieren über entsprechende Angebote und unterstützen bei der Suche nach geeigneten Kursen, zum Beispiel vermitteln wir die kostengünstigen, vom BAMF geförderten Berufssprachkurse. Zur Integration gehört aber auch die soziale und lokale Vernetzung. Wenn jemand Sport treiben möchte oder einen Tanzkurs sucht, helfen wir ebenfalls weiter. Leider werden wir bei solchen Themen eher selten angesprochen – häufig kommen die Fachkräfte erst dann zu uns, wenn ein Problem aufgetreten ist. Nicht selten hören wir im Nachhinein Sätze wie: „Wir haben kaum Freunde, wir sind hauptsächlich unter unseren Landsleuten.“

Engagieren sich auch die Arbeitgeber selbst für die Integration ihre ausländischen Mitarbeiter – über das rein Betriebliche hinaus?

Tornike Murtskhvaladze: Ja, größere Unternehmen können sich oft zusätzliche Integrationsangebote leisten. Bei kleineren Betrieben, etwa im Handwerk, ist das deutlich schwieriger: Je kleiner das Unternehmen, desto weniger Zeit bleibt für solche Maßnahmen, wie Wohnungssuche oder Kontoeröffnung. Der Chef steht häufig selbst auf der Baustelle und muss zunächst dafür sorgen, dass die Fachkraft ein Arbeitshandy und Arbeitskleidung hat und pünktlich um sechs Uhr morgens zur Arbeit erscheint. Kleine Betriebe können ihre Mitarbeiter zudem nur schwer während der Arbeitszeit für Sprachkurse freistellen – trotzdem gibt es sehr engagierte kleine Unternehmen.

Können Sie als Welcome Center auch in persönlichen Krisensituationen helfen?

Tatia Chkhenkeli: Ja, wir werden in den unterschiedlichsten Situationen kontaktiert. Zum Beispiel, wenn jemand von einer Kündigung bedroht ist – dann haben die Betroffenen oft große Angst, denn die Aufenthaltserlaubnis ist ja an den Arbeitgeber gebunden. In solchen Fällen versuchen wir zunächst, Ruhe zu vermitteln und klarzumachen: „Wir finden eine Lösung.“ Azubis haben oft noch mehrere Monate Zeit, um einen anderen Ausbildungsplatz zu finden. Es gibt aber auch alltäglichere Probleme, etwa Schimmel in der Wohnung. Dann suchen wir gemeinsam nach Lösungen.

Kommt es vor, dass Menschen wieder fortgehen, weil sie in Deutschland nicht zurechtkommen?
Tatia Chkhenkeli: Das hängt stark vom Herkunftsland ab. Fachkräfte aus Ländern in wirtschaftlicher oder politischer Krisensituation möchten meist in Deutschland bleiben – oder gegebenenfalls in ein anderes Land ziehen –, aber nicht in ihre Heimat zurückkehren. Viele bleiben sehr gern in Deutschland, unter anderem, weil sie hier ihre Rechte geschützt wissen und die Meinungsfreiheit schätzen.

Tornike Murtskhvaladze: Es gibt, wenn man in die Statistiken schaut, durchaus beträchtliche Zahlen von Eingewanderten, die überlegen wieder fortzugehen (Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)). Dies betrifft vor allem Menschen, die besser qualifiziert sind. Hier spielen unterschiedliche Faktoren aber auch soziale Integration und gesellschaftliche Teilhabe eine Rolle. Diese Entwicklung sollte man stets im Blick behalten und ggf. dagegensteuern.

 

 

 

Ähnliche Beiträge