Wie gelingt die Integration von Migrantinnen und Migranten in die deutsche Gesellschaft – oder woran scheitert sie aus Ihrer Sicht? Fehlt es an Willkommenskultur oder an Integrationswillen?
Ein Großteil der Migrantinnen und Migranten, die in Deutschland leben sind sehr gut integriert. Trotzdem muss unsere Infrastruktur in manchen Aspekten noch verbessert werden. Dazu gehört beispielsweise eine zuverlässige Finanzierung von Sprach- und Integrationskursen, die in den letzten Jahren leider durch den ehemaligen Finanzminister Christian Lindner erschwert wurde. Trotz der Verbesserungen, die wir in dieser Wahlperiode diesbezüglich erreicht haben, gibt es immer noch in zu vielen Fällen Arbeitsverbote für Geflüchtete. Diese sollten abgeschafft werden, um eine schnellere Integration in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft zu ermöglichen und den Betroffenen eine Perspektive hier zu geben. Ein weiteres Problem in unserer Willkommenskultur ist, dass Migration häufig ausschließlich als Problem diskutiert wird, anstatt Potenziale zu betonen. Wenn Menschen immer nur als potenzielles Problem diskutiert werden, vermindern sich die Anreize, sich in diese Gesellschaft zu integrieren.
Das Budget für Integrationskurse hat sich in diesem Jahr mehr als halbiert. Kurse mit Kinderbetreuung soll es gar nicht mehr geben. Wären hier größere Investitionen nötig?
Im vorläufigen Haushalt für das Jahr 2025 war eine Kürzung auf 500 Millionen Euro vorgesehen. Am 29. Januar 2025 wurden im Haushaltsausschuss jedoch weitere 263 Millionen Euro für die Kurse genehmigt. Insgesamt stehen im vorläufigen Haushalt 2025 also 763 Million Euro für die Integrationskurse zur Verfügung. Das ist im Vergleich zum Vorjahr aber trotzdem eine drastische Kürzung und die Integrationskurse sind damit eindeutig unterfinanziert. Hier wird am falschen Ende gespart. Die Teilnehmer*innenzahlen sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf einem Höchststand. Es muss dringend mehr Geld in Integrationskurse investiert werden und langfristiger geplant werden, damit die Träger der Kurse Planungssicherheit haben.
Die öffentliche Debatte zur Migration ist zunehmend polarisiert. Wie beurteilen Sie persönlich die gesellschaftliche Stimmungslage?
Ich bin der Ansicht, dass die Debatte derzeit in die völlig falsche Richtung läuft. Migration ausschließlich als Problem zu diskutieren, verkennt die Potenziale, die in ihr liegen, und stigmatisiert ganze Bevölkerungsgruppen. Man sollte bestehende Probleme klar benennen. Das heißt aber nicht, dass man die große Bereicherung, die Migration für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft bedeutet, aus der Debatte ausklammern sollte.