Wie sind die Lebens- und Wohnbedingungen der osteuropäischen Schlachthof-Mitarbeiter?
Es leben viele Menschen auf engstem Raum zusammen. Die Privatsphäre ist sehr eingeschränkt. Man ist mit irgendwelchen fremden Menschen in Wohnungen untergebracht. Im besten Falle hat man ein Einzelzimmer, im Normalfall muss man sich das mit jemanden teilen. Das heißt, man kann sich da nie richtig für sich aufhalten. Das macht etwas mit Menschen über einen langen Zeitraum, das macht sehr viel mit ihnen. Familie und all diese sozialen Kontakte, die man in der Heimat hat und die einen gewissen Ausgleich bilden, die fehlen hier. So entstehen natürlich auch Konflikte in diesen Sammelunterkünften.
Gibt es Beispiele für solche Konflikte?
Eine der krassesten Geschichten, die ich mitbekommen habe, war, dass die Gewalt in einer Massenunterkunft so zunahm, dass Bewohner lieber in einen Wald geflüchtet sind und quasi obdachlos wurden. Das war der erschreckendste Fall. Es gibt da keine Ansprechperson, niemanden, an den man sich wenden kann. Zwar gibt es vor Ort irgendwelche Vorarbeiter oder Hausmeister, die greifen aber auch klar durch. Und entweder man stellt sich gut mit denen oder nicht. Wenn nicht, dann hat man verloren.
Wer will auf Dauer unter solchen Bedingungen leben?
Die hohe Fluktuation der Beschäftigten macht deutlich, dass einfach nicht genug Leute da sind, die das wollen. Und da ist die Prognose ganz erschreckend. Wenn es in Rumänien und Bulgarien keine Willigen mehr geben wird, geht der Trend zu bilateralen Abkommen mit Drittländern. Dann wird halt weitergeguckt, welche Arbeiter man noch rekrutieren und nach Deutschland bringen kann. Und ich sehe eine große Gefahr darin, dass sich dann die Spirale eher nach unten dreht, anstatt dass es um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen geht.